Impuls­pro­jekt

MYCABIN UG — Auto­ma­ti­sier­te Kurta­xen­ab­wick­lung

In Zusam­men­ar­beit mit dem Kompe­tenz­zen­trum Smart Services setz­te sich ein Projekt­team aus zwei Student*innen der HTWG Konstanz zwischen April und Juni 2021 damit ausein­an­der, wie die Vermitt­lung von natur­na­her Über­nach­tungs­mög­lich­kei­ten, was das Kern­ge­schäft der Firma MyCa­bin ausmacht, effi­zi­en­ter gestal­tet werden kann. Ziel des Projek­tes war eine Stake­hol­der­ana­ly­se, um heraus­zu­fin­den in wie weit der Bedarf an einer digi­ta­len und auto­ma­ti­sier­ten Kurta­xe­ab­wick­lung besteht, oder schon gedeckt ist. Im Zuge des Projek­tes wurden 30 Gemein­den aus der Regi­on befragt, um einschlä­gi­ge Hand­lungs­emp­feh­lun­gen für das Verwen­den und Imple­men­tie­ren einer digi­ta­len Kurta­xe­ab­wick­lung geben zu können.
PROJEKT VON

Elsa Gross • Nico Hand­schuch

Vale­rie Bass

Inhalt

© myca­bin

Ausgangs­la­ge

Die MyCa­bin UG ist ein 2020 gegrün­de­tes Konstan­zer Start­up, das das Ziel verfolgt, sanf­ten Touris­mus und loka­le Land­wirt­schaft zu fördern.

Hier­bei fungiert MyCa­bin als digi­ta­le, Commu­ni­ty — basier­te Vermitt­lungs­platt­form für natur­na­he Über­nach­tungs­mög­lich­kei­ten, auf welcher die Besit­zer von Wiesen und ande­ren Über­nach­tungs­plät­zen diese für Reisen­de anbie­ten können.

Dabei sind die Gast­ge­ber verpflich­tet, die Gäste anzu­mel­den und einen Kurbei­trag, die soge­nann­ten „Kurta­xe“, an die jewei­li­gen Gemein­den abzu­füh­ren. Die Kurta­xe wird grund­sätz­lich auf die Über­nach­tungs­kos­ten der Gäste aufge­schla­gen und soll dem Erhalt der Umwelt sowie der Förde­rung der besuch­ten Regi­on dienen. Im Zuge der Gäste­mel­dung und Abfüh­rung der Kurta­xe erhal­ten die Gäste anschlie­ßend eine Gäste­kar­te, an die zahl­rei­che Vortei­le geknüpft sind.

Durch einen Digi­ta­li­sie­rungs­rück­stand der Gemein­den und Verbän­de gestal­tet sich die Gäste­mel­dung und die damit verbun­de­ne Abwick­lung der Kurta­xe aller­dings als altmo­disch und zeit­auf­wän­dig — Eigen­schaf­ten, die der Idee von MyCa­bin, ein einfa­ches Zurver­fü­gung­stel­len frei­er Schlaf­plät­ze, entge­gen­ste­hen.

Durch das Ange­bot einer auto­ma­ti­sier­ten Kurta­xe­ab­wick­lung könn­te MyCa­bin den Touris­mus­ver­bän­den und Gemein­den Sicher­heit bezüg­lich der Gäste­mel­dung und den Gast­ge­ben­den eine einfa­che Hand­ha­bung bezüg­lich der Aufnah­me von Gästen bieten.

Aus diesem Grund wurde das Projekt­team damit beauf­tragt, eine Stake­hol­der­ana­ly­se mittels einer Tele­fon­be­fra­gung durch­zu­füh­ren und heraus­zu­fin­den, ob ein Bedarf bei den Kommu­nen besteht. Dabei soll­te der Status quo in rund 40 ausge­wähl­ten Gemein­den fest­ge­stellt und gleich­zei­tig die bishe­ri­gen Erfah­run­gen und künf­ti­gen Erwar­tun­gen an eine auto­ma­ti­sier­te Kurta­xen­ab­wick­lung doku­men­tiert werden.

Aufga­ben­stel­lung:

  • Prüfen, ob der Nutzen einer kosten­in­ten­si­ven Eigen­ent­wick­lung einer digi­ta­len Lösung zur auto­ma­ti­sier­ten Kurta­xe­ab­wick­lung gege­ben ist.
  • Erstel­luen einer Stake­hol­der­ana­ly­se zur Klärung des Ist-Zustandes und der Erwar­tun­gen an das zu imple­men­tie­ren­de System.
  • Fest­stel­len, ob ein Bedarf bei den Stake­hol­dern zur Neue­rung bzw. Opti­mie­rung des bestehen­den Systems besteht.

Im ersten Gespräch mit Finn Wilkes­mann (CEO von MyCa­bin) wurde das Projekt­team auf die Proble­ma­ti­ken, die sich durch die Abwick­lung der Kurta­xe erge­ben, hinge­wie­sen. Zum besse­ren Verständ­nis wurden im Zuge weite­rer Tref­fen die recht­li­chen Grund­la­gen rund um das Thema erläu­tert.

Nach der Klärung der Kern­punk­te, die für das Projekt entschei­dend waren und aufgrund der hohen Anzahl rele­van­ter Stake­hol­der, erstell­te das Projekt­team einen Fragen­ka­ta­log als Grund­la­ge für die Tele­fon­be­fra­gung. So konn­te ein effi­zi­en­tes Arbei­ten mit vergleich­ba­ren Ergeb­nis­sen ermög­licht werden. Der Kata­log beinhal­te­te dabei nicht nur konkre­te Fragen zur Kurta­xen­ab­wick­lung, sondern auch weit­rei­chen­de­re bezüg­lich Gäste­mel­dun­gen, Gäste­kar­ten und deren Vortei­le. Im Anschluss an die Erstel­lung führ­te das Projekt­team die Analy­se durch.

Nach etwa einem Drit­tel der durch­ge­führ­ten Befra­gun­gen zeich­ne­te sich ein Trend ab. Die Kommu­nen nutz­ten die coro­nabe­dingt touris­mus­freie Zeit, um ihre inter­ne Digi­ta­li­sie­rung voran­zu­trei­ben. Viele der Stake­hol­der nutzen ohne­hin schon Diens­te der Anbie­ter AVS, Fera­tel oder Trami­no, die unter ande­rem Abwicklungs- und Gäste­mel­de­sys­te­me entwi­ckeln. Grund­sätz­lich waren alle Gemein­den zufrie­den mit ihrem bestehen­den System. Die Gast­ge­ben­den melden ihre Gäste an und die Gäste haben Freu­de an ihrer Karte.

Sofern ein elek­tro­ni­sches Melde­we­sen besteht, sind die Gast­ge­ben­den gemäß der Kurta­xen­sat­zun­gen auch aufge­for­dert, dieses zu nutzen. Gast­ge­ben­de, die nicht ordnungs­ge­mäß handeln, werden meist durch Recher­chen auf Vermitt­lungs­platt­for­men entlarvt. Außer­dem haben sich die Gäste in vielen Fällen eigen­stän­dig gemel­det, um ihre Gäste­kar­ten und die damit verbun­den Vortei­le zu erhal­ten.

Demnach konn­te also wider Erwar­ten kein Bedarf für eine (weite­re) digi­ta­le Lösung fest­ge­stellt werden.

Aufgrund der durch­ge­führ­ten Stake­hol­der­ana­ly­se stell­te sich heraus, dass die Mehr­zahl der Touris­mus­ver­bän­de bereits ein auto­ma­ti­sier­tes Kurta­xen ‑Abwick­lungs­sys­tem nutzt und hier kein Hand­lungs­be­darf zur Einfüh­rung eines neuen Systems besteht.

Durch ähnli­che Unter­neh­mens­struk­tu­ren und ‑philo­so­phien sowie die selbe Bran­chen­zu­ge­hö­rig­keit von Trami­no und MyCa­bin wäre eine Koope­ra­ti­on bezüg­lich der Abwick­lung von Kurta­xen vorstell­bar. Trami­no mit Sitz in Oberst­dorf würde primär durch das Hinzu­ge­win­nen neuer Gemein­den und Touris­mus­ver­bän­de einen höhe­ren Umsatz akqui­rie­ren und sekun­där weite­re Kontak­te schlie­ßen können. Der Vorteil von MyCa­bin würde darin bestehen, durch eine einfa­che Hand­ha­bung bezüg­lich der Kurta­xe und der Gäste­mel­dung das Vermit­teln von Schlaf­plät­zen noch unkom­pli­zier­ter zu gestal­ten und die Kunden­ge­win­nung dadurch zu erhö­hen.

Als Fazit lässt sich für das Projekt­team fest­hal­ten, dass sich durch die detail­lier­te Stake­hol­der­ana­ly­se eine Fehl­in­ves­ti­ti­on in ein eige­nes System zur Abfüh­rung der Kurta­xen vermei­den ließ. Der uner­war­te­te Ausgang der Analy­se war somit kein Miss­erfolg. Viel­mehr wurde im Projekt eine trag­fä­hi­ge Grund­la­ge für die erfor­der­li­che unter­neh­me­ri­sche Entschei­dung getrof­fen.